Die Motorisierung der Schweizer Armee
Motorisierung der Schweizer Armee
Staumeldungen, verstopfte Innenstädte, Schadstoffbelastung: Folgen der Motorisierung unserer Gesellschaft. Im Jahr 2014 waren in der Schweiz 5,8 Millionen motorisierte Strassenfahrzeuge immatrikuliert, davon 4,4 Millionen Personenwagen, also etwa 1 Pw auf 2 Einwohner/innen. Vor rund 100 Jahren waren Autos eine Seltenheit. Im Jahr 1900 gab es in Genf (damals das Zentrum der Motorisierung) 102 Automobile, in Bern 9, in Zürich und Basel wohl etwa gleich viele. Im selben Jahr verbot der Kanton Graubünden sämtlichen Autoverkehr; das Verbot wurde erst 1925 in einer Volksabstimmung knapp abgeschafft. Im Jahr 1914 verkehrten in der Schweiz immerhin bereits 5‘411 Personen- und Lastwagen. Gleichzeitig produzierten rund 30 Hersteller in der Schweiz Autos. Die Fortsetzung ist eine Geschichte des Aufstiegs, der Innovationskraft und des Niedergangs eines heute fast ausgestorbenen Industriezweigs.
Die Geschichte der Motorisierung der Schweizer Armee ist somit auch ein Kapitel schweizerischer Industriegeschichte. Wie immer haben die Ausstellungsmacher versucht, Vergangenes greifbar und erlebbar zu machen. Die rund 45 Exponate stammen weitgehend aus den Sammlungsbeständen des Museums und sind in betriebsfähigem Zustand. Die Motorisierung der Armee steht auch exemplarisch für die Rüstungs- und Beschaffungspolitik des Bundes: Zögerlichkeit, Geldmangel und falsche Lagebeurteilungen beeinträchtigten immer wieder die Einsatzbereitschaft der Armee.
Die Motorisierung der Schweizer Armee hatte einen harzigen Start. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs besass die Armee praktisch keine Motorfahrzeuge. Erst ab 1916 wurden geeignete Nutzfahrzeuge beschafft. Davon profitierte die aufstrebende Schweizer Fahrzeugindustrie. Im Gegensatz zu den Nachbarländern vernachlässigte die Schweiz die Motorisierung der Armee nach 1918 wieder.
Dank der innovativen und leistungsfähigen Schweizer Hersteller konnten im Zweiten Weltkrieg geländegängige Allradfahrzeuge mit Dieselmotoren beschafft werden. Trotzdem war der Motorisierungsrad der Schweizer Armee auch 1945 noch tief. Dies änderte sich mit dem Kauf von Fahrzeugen aus Restbeständen der US-Armee und neuen Nutzfahrzeugen von Schweizer Herstellern, die nicht zuletzt dank weiterer Bundesaufträge bis in die 1980er-Jahre erfolgreich waren. Dann wurden sie von ausländischen Konkurrenten übernommen und die Werke in der Schweiz geschlossen. Heute beschafft die Armee vornehmlich im Ausland.
Einmal mehr haben viele freiwillige Helfer eine Ausstellung unseres Museums mit Hirn, Hand und Herz in unzähligen Arbeitsstunden geplant und realisiert. Wir danken dem Verein Schweizer Armeemuseum, unseren Leihgebern, Gönnern und Sponsoren. Der Eigentümer der ehemaligen Stahlgiesserei, Carlo Klaiber, hat durch sein fast grenzenloses Wohlwollen diese Ausstellung an diesem Ort überhaupt ermöglicht.
Flyer Motorisierung [1'126 KB]
Die Motorisierung der Schweizer Armee und die Schweizer Fahrzeugindustrie
Militär-Motorfahrer – jeder Einsatz ein ErnstfallDie Armee entdeckt das Auto Die Anfänge der Motorisierung 1898-1914
Die Anfänge der Motorisierung 1898-1914
Die Stunde der Improvisation Motorfahrzeuge im Ersten Weltkrieg 1914-1918 Beschaffung und Organisation Einsatz und BedeutungGrosse Schweizer Schnauzen Schweizer Militärfahrzeuge 1918-1939 Liquidation und NeubeschaffungInnovation Swiss Made Geländegängige Lastwagen und Zugfahrzeuge Innovation: Das Erfolgsrezept der Firma Saurer Zugfahrzeuge der Artillerie im Zweiten WeltkriegSonderangebote US-Army Fahrzeuge der US-Army nach dem Zweiten Weltkrieg Die Beschaffung von Fahrzeugen der US-Army in EuropaTotgeglaubte leben länger Jeep – ein lange anhaltender Erfolg Der Jeep in der Schweizer ArmeeSchweizer Formel 4x4 Frontlenkerfahrzeuge mit Vierradantrieb Entwicklung und Beschaffung der 4 x 4 „Vierlivier“Universal Motor Gerät Unimog im militärischen Einsatz Unikum: Die Schweiz erster Exportkunde eines späteren WelterfolgsEhrt einheimisches Schaffen Schweizer Hersteller kleinerer Armeefahrzeuge Fahrzeuge für Landwirtschaft und Armee Mowag Fahrzeuge für die Schweizer ArmeePferde aus Österreich Haflinger und Pinzgauer Eine neue Generation kleiner und mittlerer GeländewagenWozu braucht es noch Räder? Motorfahrzeuge im Zeitalter der Mechanisierung Räder oder Raupen? Radfahrzeuge der Schweizer Armee heuteFlink auf 2 bis 3 Rädern Schweizer Motorräder für die Armee Beschaffung und Einsatz Hersteller und FahrzeugtypenGlanz und Elend der Industrie Die Schweizer Motorfahrzeugindustrie im Wandel der Zeit Entwicklung im Überblick Geniale Erfindung aus SchaffhausenMiliz auch bei Fahrzeugen Requisitions- und Dienstmotorfahrzeuge Requisitionsfahrzeuge Dienstmotorfahrzeuge
Eröffnung der Ausstellung „Motorisierung der Schweizer Armee“ vom 9.5.2015
Die Eröffnung der neuen Ausstellung „Motorisierung der Schweizer Armee“ in der Stahlgiesserei lockte gegen 500 Besucherinnen und Besucher ins Mühlental. Martin Huber begrüsste die Vertreter der Behörden und der Armee, sowie Herrn Pius Dietwyler, von dem er vor 20 Jahren das erste Geschütz seiner Sammlung erwarb, die mittlerweile über 70 Motorfahrzeuge, davon 18 Panzer, umfasst. Er dankte den rund 100 Mitgliedern des Vereins für ihren grossen Einsatz bei der Vorbereitung und Umsetzung der Ausstellung, den Sponsoren und Gönnern, sowie den Handwerkern und Unternehmen, die uns mit Rat und Tat aktiv unterstützten. Grosser Dank auch an Carlo Klaiber, den Eigentümer der Stahlgiesserei, für sein Wohlwollen und seine Grosszügigkeit.
Der Festredner Urs Hunziker, Stadtrat, Kulturreferent und M113-Fahrer, erinnerte an die Anlaufschwierigkeiten des Automobils, zusammengefasst in der Aussage des deutschen Kaisers Wilhelm II.: „Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung.“ Schon der Erste Weltkrieg sollte diese Beurteilung als verhängnisvoll falsch entlarven. Urs Hunziker würdigte den Beitrag des Museums im Zeughaus an das kulturelle Leben der Stadt Schaffhausen und dankte Martin Huber und den vielen freiwilligen Helfern im Namen des Stadtrates für ihr Engagement.
Ernst Willi gab anschliessend einen Überblick zur Geschichte des Automobilbaus in der Schweiz, von den technischen Pionierleistungen bis hin zum traurigen Ende dieses Industriezweigs. Die Ausstellung zur Motorisierung der Armee zeigt, wie wichtig die Armee als Auftraggeberin für die Industrie war, obwohl sie immer etwas zögerlich beschaffte, immer etwas zu spät und immer etwas zu wenig. Umgekehrt profitierte die Armee aber auch von der Innovationskraft der Industrie. Die Weiterentwicklung der Armee heute soll gemäss neusten Aussagen eine Vollmotorisierung der Armee aus eigener Kraft bringen – ein Umdenken scheint (endlich) in Gang zu kommen.
Umrahmt vom meisterlich aufspielenden Musikverein Neunkirch und umsorgt von einer leistungsfähigen Museumsbeiz genossen die Besucher die eindrückliche Präsentation unserer über 40 Fahrzeuge. Ein Oldtimer-Korso aus der Region Schaffhausen vom Zeughaus in die Stahlgiesserei rundete den Tag ab.
Ganz herzlichen Dank an alle, die mithalfen, dass diese Eröffnung einmal mehr bei unseren Besuchern einen tiefen Eindruck hinterliess.